Roboterschwarm übt Mars-Exploration

Bremen (03.04.2023) –

Die Exploration des Mars kann am besten gelingen, wenn Roboter mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenarbeiten – am besten autonom. Wichtige Voraussetzungen dafür werden im Rahmen des Projekts „VaMEx-3“ geschaffen, an dem drei Arbeitsgruppen der Universität Bremen maßgeblich beteiligt sind.

Die Oberfläche des Mars stellt eine Herausforderung für die Wissenschaft dar: Interessanteste Entdeckungen werden vor allem an denjenigen Stellen vermutet, die aufgrund des steinigen und zerklüfteten Terrains am schwersten zugänglich sind. Um sie untersuchen zu können, müssen Roboter mit unterschiedlichen Fähigkeiten kooperieren: laufen, klettern, fliegen – auch der Transport von Nutzlasten und die Energieversorgung müssen gesichert sein. Das Projekt VaMEx-3, das von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird, ermöglicht die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Robotersystemen, die eines Tages auf dem Mars landen sollen.

Zentral daran beteiligt sind die Arbeitsgruppe Computergrafik am Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen unter Leitung von Professor Gabriel Zachmann, die Arbeitsgruppe Kognitive Neuroinformatik von Professorin Kerstin Schill und die Arbeitsgruppe High-Performance Visualization (HPV) von Professor Andreas Gerndt. Das VaMEx-3-Projekt besteht aus vier parallel durchgeführten Teilprojekten mit Partnern aus ganz Deutschland. Es hat ein Gesamtfördervolumen von rund fünf Millionen Euro.

Simulation der Mars-Erkundung in Echtzeit

In Vorläuferprojekten haben die TZI-Wissenschaftler bereits rund 40 Quadratkilometer Marsoberfläche auf der Basis von Scans der NASA virtuell nachgebildet, um ein Testumfeld für die benötigten Technologien zu errichten. Anschließend setzten die Projektpartner digitale Versionen ihrer Robotersysteme in diesem Virtuellen Zwilling der realen Marslandschaft aus.

„Bisher agierte jedes Schwarm-Mitglied noch weitgehend für sich allein“, berichtet Projektkoordinator Dr. René Weller von der Arbeitsgruppe Computergrafik am TZI. „Jetzt geht es darum, sie kooperativ zusammenzubringen.“ Über Schnittstellen sollen die unterschiedlichen Systeme in die Lage versetzt werden, in Echtzeit zu interagieren – und zwar weitgehend autonom.

Das Testumfeld muss dabei höchsten Ansprüchen genügen: „Der Virtuelle Zwilling muss realistische Aussagen ermöglichen, dass der Schwarm in Zukunft auf dem Mars genauso funktionieren wird“, betont Professor Zachmann. Auch muss das Testumfeld bestehende Schwächen aufzeigen, wenn beispielsweise die Erkennung bestimmter Objekte bei einem Roboter noch nicht ausreichend funktioniert. Für die Informatik ist es eine Herausforderung, alle Fahrzeuge schnell genug zu simulieren und dabei – unter anderem – auch die Kamerabilder und Lidar-Scans in Echtzeit nachzubilden.

Navigation ohne GPS, Galileo und befestigte Wege

Während die Arbeitsgruppe Computergrafik sich auf die Weiterentwicklung des Testfelds fokussiert, leitet die Arbeitsgruppe Kognitive Neuroinformatik das Teilprojekt „Robust Ground Exploration“ (robuste Bodenerkundung). Ein zentraler Punkt ist dabei die Entwicklung eines gemeinsamen Navigationsverfahrens, denn auf dem Mars hilft die irdische Satellitennavigation nicht weiter. Dafür wird an der Universität Bremen die Software entwickelt. Darüber hinaus soll die Robustheit der Systeme gesteigert werden, um den schwierigen Umweltbedingungen standzuhalten und mit unerwarteten Situationen umzugehen.

„Eine Herausforderung ist, dass die Umgebung im Vorfeld teilweise unbekannt ist“, erklärt Dr. Joachim Clemens, der das Teilprojekt koordiniert. „Daher müssen die Schwarm-Mitglieder Hindernisse selbstständig erkennen, eine Karte der Umgebung erstellen und ihre Position in der Karte schätzen. Dabei kooperieren die Einheiten miteinander: Karten- und Positionsinformationen werden ausgetauscht, damit alle Einheiten davon profitieren können. Diese Informationen nutzen die Schwarmteilnehmer anschließend, um das weitere Vorgehen zu planen und sich dabei abzustimmen.“

Ein weiterer Aspekt des Teilprojekts ist die Entwicklung und Integration eines Missionskontrolltools. Dieses System soll zum einen die Visualisierung des aktuellen Status der Mission und zum anderen die Kommunikation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem VaMEx-Schwarm ermöglichen. Die an den Schwarm übermittelten Informationen, beispielsweise über wissenschaftlich relevante Zielgebiete, werden in die autonome Planung des Systems eingebracht und im weiteren Missionsverlauf berücksichtigt. Entwickelt wird das Missionskontrolltool von der Arbeitsgruppe High-Performance Visualization an der Universität Bremen.

Auf der Suche nach Wasser und Zeichen von Leben

In drei bis vier Jahren ist eine größere Demonstrationskampagne geplant, um den Roboterschwarm in einem marsähnlichen Testgebiet ausführlich zu erproben. Fernziel der Mission VaMEx ist es, auf dem Mars das Canyon-System Valles Marineris zu erkunden, um Hinweise auf Wasservorkommen und biologische Spuren aus klimatisch lebensfreundlicheren Epochen des Mars zu finden. Die „Mariner-Täler“, benannt nach einer der ersten Mars-Raumsonden der NASA, bilden mit einer Ausdehnung von 4.000 Kilometern und einer Tiefe von stellenweise bis zu 10.000 Metern das größte Canyon-Geflecht des Sonnensystems.

Neben der Universität Bremen sind auch folgende Partner an VaMEx-3 beteiligt: ANavS GmbH, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), DFKI Robotics Innovation Center, DSI Aerospace Technologie GmbH, INVENT GmbH, TU Braunschweig, TU München, Universität Erlangen-Nürnberg, Universität der Bundeswehr München und Universität Würzburg.

Über die Universität Bremen:
Leistungsstark, vielfältig, reformbereit und kooperativ – das ist die Universität Bremen. Rund 23.000 Menschen lernen, lehren, forschen und arbeiten auf dem internationalen Campus. Ihr gemeinsames Ziel ist es, einen Beitrag für die Weiterentwicklung der Gesellschaft zu leisten. Mit gut 100 Studiengängen ist das Fächerangebot der Universität breit aufgestellt. Als eine der führenden europäischen Forschungsuniversitäten pflegt sie enge Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit. Gemeinsam mit neun jungen Universitäten und vier assoziierten Mitgliedern aus dem Hochschul-, Nichtregierungs- und privaten Bereich gestaltet die Universität Bremen in den nächsten Jahren eine der ersten Europäischen Universitäten. Das Netzwerk YUFE – Young Universities for the Future of Europe wird von der EU-Kommission gefördert. In der Region ist die Universität Bremen Teil der U Bremen Research Alliance. Die Kompetenz und Dynamik der Universität haben zahlreiche Unternehmen in den Technologiepark rund um den Campus gelockt. Dadurch ist ein bundesweit bedeutender Innovations-Standort entstanden – mit der Universität Bremen im Mittelpunkt.

Universität Bremen,
Dr. René Weller
weller@cs.uni-bremen.de